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Sich neu erfinden
Die Maschinenfabrik Freund GmbH & Co. KG aus Paderborn investiert zehn Millionen Euro in ihren neuen Firmensitz. Dort soll eine smarte Fabrik entstehen, in der Menschen und Maschinen Hand in Hand arbeiten.


Robert Freund und Stefan Lanhenke

 
Ein Roboterarm greift nach einem Metallzylinder, hebt ihn an und setzt ihn flink in eine CNC-Fräsmaschine ein. Während die Maschine arbeitet und Metallspäne herunterfallen, nimmt der Roboter schon den nächsten Zylinder, um ihn Sekunden später einzusetzen. So soll in Zukunft der Arbeitsalltag in der smarten Fabrik des Paderborner Maschinenbauunternehmens Freund aussehen. Seit mehr als hundert Jahren entwickelt und produziert der Mittelständler Maschinen und Geräte für große fleischgewinnende Unternehmen sowie für Metzger. Viele Komponenten und Teile der Maschinen sollen künftig mithilfe von Robotern entstehen.

Dazu wagen die Ostwestfalen jetzt einen großen Schritt. Sie testen einen Roboter des Paderborner Start-up-Unternehmens „Unchained Robotics“. „Bislang mussten unsere Facharbeiter die Maschinen händisch beladen und warten, bis sie einen Arbeitsschritt erledigt hatten. In der neuen Fabrik können sich die Mitarbeiter jetzt komplexeren Aufgaben widmen“, sagt Geschäftsführer Robert Freund. „Während Roboter das Be- und Entladen der Maschinen übernehmen, überwachen Fachkräfte am Bildschirm, ob der Produktionsprozess problemlos läuft und können so nebenbei noch eine andere Maschine bedienen“, ergänzt Stephan Lanhenke, Unternehmensentwickler.
 
  
 
 
Die smarte Fabrik ist der nächste logische Schritt in der Transformation des Unternehmens, die nicht nur digital erfolgt. Vor vier Jahren verordnete sich der Mittelständler eine Generalüberholung – um „zukunftsfähig zu bleiben“, wie Freund sagt. Die Führungsstrukturen waren damals zwar in Form von klassischen Abteilungen klar abgesteckt, aber die Zusammenarbeit funktionierte nicht optimal. „Ich habe mich nach einer Zusammenarbeit wie früher gesehnt, als wir nur 20 Leute waren – es war einfacher, schneller und hat vor allem mehr Spaß gemacht. Dafür habe ich mich auf die Suche nach einer anderen Organisationsform gemacht und diese in der Kreisorganisation gefunden“, berichtet der Unternehmer.

Statt einer hierarchischen Silostruktur mit vielen Schnittstellen, in der der Geschäftsführer ganz oben steht und alle anderen Bereiche sich darunter einsortieren, arbeitet Freund jetzt nach einem Baumscheiben-System. Im Mittelpunkt steht ein kleiner Kreis – der Inhaber. Um ihn herum sind drei weitere Kreise: einer für strategische Aufgaben, einer für die zentralen Dienstleistungen und schließlich die Wertschöpfungskreise wie Produktion und Kundenberatung, welche eine direkte Koppelung zum Umfeld bilden. Dazu zählen unter anderem Kunden, Lieferanten sowie Absatz- und Beschaffungsmärkte.

Bei Freund gibt es seither kein Top-Down-Prinzip mehr, bei dem der Geschäftsführer Aufgaben auf die unteren Ebenen verteilt. Vielmehr arbeiten die einzelnen Kreise verzahnt miteinander. Das ermöglicht nicht nur Führung auf Augenhöhe und mehr kollegialen Zusammenhalt, sondern stellt das Unternehmen flexibler auf. Diese interne Transformation spiegelt sich auch in der smarten Fabrik und der neuen Arbeitswelt im Bürotrakt wider. Verschiedene Unternehmensbereiche arbeiten nebeneinander auf offenen Büroflächen, aufgelockert durch Rückzugsbereiche. Einkauf, Logistik und Vertrieb sitzen alle beieinander, können sich jederzeit austauschen.

„Wir wirtschaften sehr nachhaltig und stellen uns damit für die Zukunft auf.“
Robert Freund

„Um für den Nachwuchs attraktiv zu sein, müssen wir modernes Arbeiten bieten“, sagt Freund, dessen Tochter Cara ebenfalls in der Firma arbeitet. „Falls Nachfolger die Firma einmal übernehmen sollten, erwartet sie eine moderne Organisation.“ Nicht nur der Fachkräftemangel bedroht das Geschäft, auch der Fleischmarkt verändert sich massiv. Prognosen zufolge könnte Fleisch bis zum Jahr 2040 nur noch 60 Prozent des Marktes ausmachen, der Rest teilt sich auf Kunstfleisch aus dem Labor und vegetarische Alternativen auf. „Das könnte unser Geschäft massiv bedrohen“, sagt Freund. Die flexiblere und agilere Organisation soll dabei helfen, schnellere und bessere Antworten dafür zu finden.

Eine einschneidende Entscheidung steht in Asien an: Rund 80 Prozent der Maschinen schickt Freund ins Ausland – unter anderem nach China. In Peking betrieb das Unternehmen viele Jahre lang ein Werk. „Dann mussten wir plötzlich raus, eine Anordnung der Stadt“, sagt Robert Freund. Das Unternehmen zog Anfang 2022 nach Langfang in der Nähe der chinesischen Hauptstadt. Nur knapp die Hälfte der Mitarbeitenden kamen mit. „Wir haben fleißig neues Personal rekrutiert, und als wir gerade so weit waren, die Produktion hochfahren zu können, legte Covid die Stadt lahm.“ Seit Mitte April ist die Region Peking abgeriegelt, Freund hat die Nase voll. „Wir überlegen, nicht mehr in China zu produzieren, sondern unsere Produkte dort nur noch zu vertreiben.“

A
uch der Krieg in der Ukraine bereitet dem Unternehmer Kopfzerbrechen. Vor wenigen Monaten hat Freund eine Tochtergesellschaft in Russland gegründet. Die Geschäfte laufen zwar trotz des Krieges in der Ukraine weiter, die Bedingungen sind aber „alles andere als ideal“, wie Freund sagt. Diese Entscheidung traf der Geschäftsführer nicht allein, sondern – wie es die neue Organisationsstruktur vorgibt – gemeinsam mit dem Führungskreis und dem Betriebsrat.

Auch wegen der Schwierigkeiten im Ausland investiert Freund nun zehn Millionen Euro in den neuen Standort in der Heimat. Bei 22 Millionen Euro Jahresumsatz ist diese Investition ein ganz schönes Pfund. „Wir wirtschaften sehr nachhaltig und stellen uns damit für die Zukunft auf“, sagt Freund. Die Volksbank Paderborn finanzierte die Investition. „Die Volksbank ist schon immer unsere Hausbank.“ Bis vor einigen Jahren arbeitete der Unternehmer noch mit weiteren Geschäftsbanken zusammen, doch eine Unterstützung wie bei der Volksbank sei „einzigartig“, lobt der Unternehmer. „Ich bin begeistert von der Zusammenarbeit. Die Mitarbeiter haben eine Anpack-Mentalität, reagieren schnell und individuell.“

Seit fast 60 Jahren ist der Mittelständler im Gewerbegebiet in Paderborn an der Driburger Straße zuhause. Der Platz reichte längst nicht mehr aus und eine Erweiterung der bestehenden Hallen ließ sich dort nicht realisieren. „Wir haben lange nach einem passenden Grundstück gesucht“, berichtet Freund. Ende 2021 unterschrieb er den Vertrag für das neue Zuhause des Firmensitzes und der smarten Fabrik: ebenfalls in Paderborn, am Frankfurter Weg, nur wenige Kilometer Luftlinie vom alten Standort entfernt. Dort entsteht gerade die Smart Factory. Bis die rund 100 Mitarbeiter umziehen können, dauert es aber noch etwas. Der Umbau soll in der zweiten Jahreshälfte beginnen, dann ziehen die Paderborner sukzessive um – bei gleichzeitiger Modernisierung des Produktionssystems. Im Jahr 2024 soll der Betrieb in der Fabrik dann laufen – und damit den Weg ebnen in eine erfolgreiche Zukunft.


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Jahresbericht der VerbundVolksbank Paderborn OWL